„Peterchens Mondfahrt
mit Anneliese und Sumsemann“
nach G. v. Bassewitz (mit Andreas Hutzel)




ALEXANDER GRUBER

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Frau Holle

Frau Holle war ursprünglich eine Auftragsarbeit für das Theater in Stendal, die jedoch nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte. Die Dramatisierung bereitete mir Schwierigkeiten, die sieben Jahre anhielten. - Worin bestanden sie? In der strukturellen Simplizität des Märchens! Bei den Brüdern Grimm (auch bei Ludwig Bechstein) ist es ein Kindermärchen aus dem agrarischen Raum. Die anfänglich vorhandenen Motive des Zaubermärchens, daß nämlich die Geschenke der Fee oder Dämonin zum richtigen Mann verhelfen, sind abgeschnitten, und statt dessen geht es um das richtige oder falsche Verhalten bei der weiblichen, das heißt, den Frauen zugeteilten Arbeit in einer agrarischen Umwelt: Spinnen, Backen, Kochen, Erntehilfe, Hausarbeit: ein fest umrissenes Rollenbild, das unbedingt positiv bewertet wird. Bechsteins Namensgebung der Mädchen ist bezeichnend: Goldmarie und Pechmarie.

Der erste Handlungsgang schildert den Weg des verzweifelten, aber freundlichen Mädchens zur Frau Holle. Sie kehrt, nach Erledigung aller verlangten Arbeiten, als Goldmarie zurück. Der zweite Gang wiederholt den ersten Schritt für Schritt, nur daß jetzt die Arbeiten nicht erledigt werden, und das unfreundliche Mädchen als Pechmarie zurückkehrt. Dann bricht die Erzählung ab, die auf nichts hinausläuft als auf eine haushälterische bäuerliche Arbeitsmoral. Am Ende der Schwarz-Weiß-Erzählung stehen Selbstgerechtigkeit und Schadenfreude. Das schien zu wenig und zu weit entfernt. Woher dann die überaus positive Einschätzung dieses Märchens als Spielereignis für Kinder durch den erfahrenen, humorvollen, Gefühlen offenen und lebensklugen Puppenspieler Helmut Selje? Er sah wohl über die banale Moral weg und redete von der einfachen und dadurch verstehbaren Bauweise und Konfiguration der Erzählung als einem eindrucksvollen Prägemittel des Vorbewußten, wodurch sinnvolle Strukturierung des Erfassens von Wirklichkeit möglich wird. Das Märchen von Frau Holle, Goldmarie und Pechmarie ist, so gesehen, ein Urmärchen, und gerade seine Einfachheit macht die umkehrende Wiederholung sinnvoll. Allerdings nicht den Abbruch der Erzählung (des Zaubermärchens), die schadenfrohe Moral, die bäuerliche Ferne. Indem ich das männliche Element einführe, das Zaubermärchen zu Ende erzähle, der ‚Pechmarie‘ einen Partner und eine alternative Lebensperspektive verschaffe, hoffe ich, das Urmärchen erhalten, aber in ein größeres Ganzes integriert zu haben.

Die Probe aufs Exempel, die Uraufführung steht noch aus.


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